„Ukraine verstehen“ – Geschichte, Politik und Freiheitskampf: Lesung und Gespräch mit Steffen Dobbert

„Welchen Preis hat Eigenständigkeit?

Wie brutal kann ein Weg in die Freiheit sein?

Und lohnt es, dafür Leben zu geben?“

Die Gäste hatten kaum Ihre Plätze im dunklen Theatersaal des Sandkorn eingenommen, schon wurden Sie konfrontiert mit der vielleicht schwerwiegendsten moralischen Frage: Wie viel Tod, Leid und Entbehrung ist die Erringung politischer Freiheit und Unabhängigkeit eines Staates wert? Mit diesen Fragen begann die Lesung und das Gespräch „Ukraine verstehen“ am 17. November mit dem Autor des gleichnamigen Sachbuches Steffen Dobbert – Journalist bei ZEIT und ZEIT ONLINE. Diese drei einleitenden Fragen sind auch die ersten Sätze des Buches. Sie begleiten das Publikum über den Abend hinaus. Klare Antworten auf dieses moralische Dilemma konnte und mochte Steffen Dobbert indes nicht geben. Sein Buch schildert in kurzen Episoden den langen und allzu oft blutigen Weg der Ukraine zu einem souveränen Staat: Von den Anfängen der Kyiver Rus mit seinem Zentrum Kyiv, über die Entstehung und Zerstörung des Kosakenstaates, hin zum Massenmord durch den Holodomor – den Gräueltaten der Stalinzeit – bis zum Verteidigungskrieg der Ukraine gegen die Russische Föderation.

Die Lesung vereinzelter Passagen wurden immer wieder ergänzt durch Diskussionen zwischen der Moderatorin des Abends – Karoline Gil – und dem Autor, der im letzten Jahrzehnt mit über 50 Recherchefahrten die Ukraine bereiste. Im Gespräch wurde nochmals klargestellt, dass der Krieg zwischen der Ukraine und Russland nicht erst am 24. Februar dieses Jahres begann, sondern bereits kurz nach dem Umsturz der damaligen Regierung Janukowitsch im Jahr 2014. Auch die Aussage, die Gebiete südöstlich der Ukraine kämpften einen separatistischen Kampf gegen die Regierung in Kyiv, wies Steffen Dobbert als Mär zurück. Der Krieg sei seit 2014 im Wesentlichen ein Krieg Russlands zur Schwächung der ukrainischen Souveränität.

Eine Besonderheit der Veranstaltung – organsiert von der Reinhold-Maier-Stiftung und dem Klett-Cotta-Verlag – waren die eingeschobenen Gesangseinlagen des Fächerchors Karlsruhe, dem bundesweit ersten und bisher einzigen Deutsch-Ukrainischen Chor. Unter der Leitung von Peter Arestov gelang es dem Chor eindrucksvoll musikalische Akzente zu setzen. Das Schlusswort hatte nach zwei Stunden Lesung und Gespräch dann auch der Chor aus Ukrainern und Deutschen mit dem Lied „Dona nobis pacem – Gib uns Frieden“. Ein Wunsch, den sicherlich alle im Sandkorn-Theater an diesem Abend teilten.

Text: Original deutsch: David Pflegler (ukrainisch und englisch: Google Translate)
Fotos: Michael M. Roth, MicialMedia

Links:
Buch: Steffen Dobbert – Ukraine verstehen
Ukrainer in Karlsruhe
Fächerchor Karlsruhe (Projekt Deutsch-Ukrainischer Chor)
Das Sandkorn – Theater und mehr



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David Pflegler
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